Die Geschichte der Schokolade: Die Industrialisierung der Schokoladenproduktion
Schokolade in Hülle und Fülle
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte die industrielle Revolution tiefgreifende Veränderungen auf dem europäischen Kontinent mit sich. Ausgehend von England veränderten neu entwickelte Maschinen die Produktion von Waren und bald auch das Leben der Menschen. Was in der Textilindustrie begonnen hatte, breitete sich bald auf andere Branchen aus. Dank der Effizienz der industriellen Produktion konnten die Endprodukte zu wesentlich niedrigeren Preisen an die Verbraucher verkauft werden, was eine zusätzliche Nachfrage schuf. So wurde Schokolade allmählich zu einem Luxusprodukt für die breite Masse, denn der hohe Preis hatte zuvor einen Großteil der Bevölkerung vom Genuss dieser Süßigkeit abgehalten.
Pionier einer neuen Ära
Die Dampfmaschine ist die Verkörperung dieser wirtschaftlichen Revolution. Als der Engländer Newcomen und später sein Kollege James Watt 1712 die ersten Maschinen in Betrieb nahmen, waren sie noch sehr ineffizient. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Dampfmaschine zur eigentlichen Triebfeder der industriellen Revolution. Im Jahr 1789 setzte das britische Unternehmen Fry & Sons als erstes eine Dampfmaschine zur Verarbeitung von Kakao ein. Im Jahr 1804 wurde diese Pionierarbeit in Deutschland von F. G. Mechte aus Halle an der Saale. Die Dampfschokolade wurde bald zu einem Verkaufsschlager. Der süße Geschmack, der niedrige Preis und der moderne Name, der auf die innovative Herstellungsmethode hinwies, überzeugten das Publikum sofort.
Neue Mode und neuer Rohrzucker
Zu dieser Zeit entwickelte sich auch die Schokoladenherstellung entscheidend weiter, als der Chemiker Franz Karl Ahardt ein neues Verfahren entwickelte, das es ermöglichte, den für die Herstellung von Süßigkeiten benötigten Zucker aus heimischen Zuckerrüben zu gewinnen. Diese Zutat war natürlich viel billiger als der zuvor verwendete Rohrzucker und ersetzte bald die teuren Importe. Das Gleiche galt für heiße Schokolade. Ab den 1840er Jahren wurden Schokoladentafeln oder Schokoladenfiguren zum festen Bestandteil des Schokoladenkonsums. Für das nun einflussreiche Bürgertum wirkte das Bild der flüssigen Schokolade altmodisch und fehl am Platz in der anbrechenden Moderne. Kaffee wurde das neue Modegetränk zur sofortigen Erfrischung. Schokolade war vor allem bei den Männern beliebt, aber die Frauen bevorzugten die neuen Geschmacksrichtungen, und Schokolade wurde zu einem Kinderdessert.
Pioniere der Schokoladenrevolution
Während die Schokolade in der Alten Welt ihre ersten Schritte in Südeuropa machte, war es nun der Norden des Kontinents, der dank zahlreicher Innovationen für ihre Verbreitung sorgte. In den Niederlanden entwickelte der Schokoladenmeister van Houten eine hydraulische Presse zur Herstellung eines besonders fettarmen Kakaopulvers und verwendete Alkalisalze, um eine bessere Bindung zwischen dem Pulver und dem zugesetzten Wasser zu schaffen. Diese beiden Entwicklungen ebneten den Weg für feste Schokolade, die bald die Kakaogetränke ersetzte.
Das englische Unternehmen Fry und der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt verbesserten diese feste Konsistenz noch weiter, indem sie Kakaobutter hinzufügten, was schließlich die Herstellung von Schokoladentafeln und -formen ermöglichte. Ein weiterer wichtiger Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Schokolade kam aus der Schweiz. Philippe Suchard gelang es, mithilfe eines neu entwickelten Mischers eine beispiellose Mischung aus Kakao, Zucker und anderen Schokoladenzutaten herzustellen. Sein Verfahren ist bis heute einer der Standards in der Schokoladenherstellung.